Das Fecht-Gärtel und die Familie Fecht

Das Fecht-Gärtel - auch Fechtgärtlein genannt - wurde im Jahr 1856 auf den Namen von Wilhelmine Fecht, geb. Deimling in das Grundbuch von Kehl-Kork eingetragen.

Die Witwe des Oberkirchenrats Gottlieb Bernhard Fecht, Wilhelmine Fecht, geb. Deimling, hat das Grundstück - als Familiengrab -  mit Kaufvertrag vom 20.01.1852 von der Gemeinde Kork erworben.
Zur Kopie des Originalantrags hier klicken.

Die Eintragung auf die Eigentümerin erfolgte im Jahr 1856 in das Grundbuch von Kehl-Kork Band 5 Heft 11 unter Flurstück Nr. 34, Ortsetter (Ortsrand).

Das Fecht-Gärtel ist somit seit diesem Tag ein Grundstück und Familiengrab, welches sich in privatem Besitz befindet.


Anlässlich des 100. Geburtstages - am 7. März 1871 - von Gottlieb Bernhard Fecht lud Frau Adelheid Magdalena Grunelius, Witwe des Bankiers und eine Tochter von Gottlieb Bernhard Fecht, zu einem großen Fest im oberen Saal des Wirtshauses "Krone" in Kork ein.

Frau Grunelius kündigte an diesem Tag an, dass Sie eine Stiftung für arme Korker gründen möchte.

Die Bürgermeister und Gemeinderäte der Kirchspielgemeinden bildeten den Stiftungsrat
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Die Rechtsverhältnisse von 1852 bis 1977

 

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Aus den Erträgen der Stiftung sollten die Gräber des "Fechtgärtleins" gepflegt werden.

Die übrigen Zinsen wurden am Geburtstag und Todestag ihres Vaters und am Todestag ihrer Mutter an 25 arme, alte Frauen und Männer ausgezahlt.
Außerdem sah das Testament vor, an Weihnachten 100 arme Kinder zu beschenken.

Leider ging das Geld der Stiftung 1923 durch die Inflation verloren. Das Guthaben der Grunelius Stiftung, das am l. Januar 1915 noch 5701 Mark betragen hatte, wurde nach der Inflation am 24. Oktober 1924 von der Sparkasse Kork noch mit 84 Reichsmark bewertet.

Trotz aller Widrigkeiten hat die Gemeinde Kork die Gräber auf dem Grundstück wie vereinbart, jedoch mit wechselndem Erfolg gepflegt.

Da es sich beim Fecht-Gaertel rechtlich nicht um einen Bestandteil des Friedhofs handelte, sondern um ein Familiengrab auf einem Privatgrundstück der Familie Fecht, hatten alle dort bestatteten Mitglieder der Familie ein unbegrenztes kostenfreies Ruherecht.

Erst 1977, als eine neue vertragliche Vereinbarung erforderlich wurde, zwischen der Stadt Kehl als Rechtsnachfolger der Gemeinde Kork und den Nachfahren der Grundstückseigentümerin Wilhelmine Fecht, die inzwischen verstorben war, konnte von den Nachfahren der Wilhelmine Fecht erreicht werden, dass die Stadt Kehl auch weiterhin das Familiengrab pflegt und den Nachfahren alle bisherigen Rechte erhalten bleiben, einschl. der Beerdigungsrechte und der unentgeltlichen und zeitlich unbegrenzten Ruherechte.

 

Die Rechtsverhältnisse von 1977 bis 2016

Die Ausgangslage zu Beginn des Jahres 1977 stellt sich so dar:
Das Fecht-Gärtel ist ein Privatgrundstück außerhalb des Friedhofs von Kork und wird von der Familie Fecht seit 1852 als Familiengrab für die Nachfahren des Gottlieb Bernhard Fecht genutzt (siehe Grabmale).

Da sich das Grundstück unstreitig außerhalb des Friedhofs befindet und im Privatbesitz ist, hat die Friedhofsordnung keine Zuständigkeit (so damals überhaupt eine Friedhofsordnung in Kraft war).

Die letzten Beisetzungen (siehe auch Grabmale) von Familien- mitgliedern vor 1975 fanden in den Jahren 1963 mit Moritz Richard Fecht (meinem Opa), 1966 mit Johanna Ruzek, geb. Fecht und 1970 mit Berta Fecht auf dem Privatgrundstück statt.
Die Familie Fecht entscheidet darüber, wer das Recht hat, sich auf dem Privatgrundstück bzw. im Familiengrab beerdigen zu lassen.

Dies hat über Jahrhunderte bestens einvernehmlich funktioniert. Doch nun zeichnet sich ab, dass die Stadt Kehl nach 40 Jahren die getroffene Vereinbarung anders interpretieren möchte, als gemeint und bisher befolgt.

Doch der Reihe nach und beginnen wir mit den:

Aktivitäten der Stadt Kehl
Im Jahr 1975 beginnt die Stadt Kehl mit dem Ausbau der Friedhofstrasse - ohne sich dabei über die Eigentumsverhältnisse der dazu benötigten Fläche zu informieren.

Ein Teil der zum Ausbau benötigten Fläche befindet sich auf dem Privatgrundstück und Familiengrab der Familie Fecht, welches seit 1856 immer noch im Grundbuch auf den Namen der Wilhelmine Fecht (siehe auch Geschichte) eingetragen war.

Um nun die Strasse ausbauen zu können, musste sich die Stadt Kehl etwas einfallen lassen, denn Baumaßnahmen auf einem Grundstück, das einem nicht gehört, das ist ungesetzlich und geht ja gar nicht – so zumindest damals die völlig richtige Ansicht des Amtsgerichts Kehl.

Um den Ausbau der Friedhofstrasse, die an das Fecht-Gärtel angrenzt, auf legale Weise abzuschließen, wollte die Stadt Kehl das Grundstück im Jahr 1975 kaufen, was jedoch nicht möglich war.

Nach weiteren – vergeblichen – Versuchen, in den Besitz des Grundstücks zu gelangen, bleib der Stadt nichts anderes übrig, als sich mit den Nachfahren der Familie Fecht zu einigen.

Nach vielen mündlichen Besprechungen mit meinen Eltern, mit dem Ziel, das Grundstück übertragen zu bekommen, kamen die ersten schriftlichen Zusagen der Stadt, die da lauteten:

„...an der Benutzbarkeit des Fecht-Gärtels würde sich im Verhältnis zum jetzt gegebenen Umfang keine Veränderung ergeben...“

 

Meine Eltern und auch die ebenfalls involvierten Nachfahren der Familie Fecht waren samt und sonders einfache Leute sowie juristische Laien und schon damals teilweise hoch betagt, dennoch wollten sie der Stadt Kehl behilflich sein.

Nach langem Hin und Her formulierte die Stadt Kehl eine Vereinbarung zur Übernahme (Kauf) des Grundstücks der Familie Fecht.

Dass dieser Grundstücksübertragungsvertrag nicht notariell beurkundet wurde, wie gesetzlich vorgeschrieben, sei nur am Rande erwähnt.

Auch wurden die Vertragspartner zu keiner Zeit auf die Vorteile einer notariellen Beratung hingewiesen, bzw. diese angeboten.

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Von dieser Vereinbarung habe ich Euch den oben abgebildeten Auszug gefertigt und beigefügt.

Dieser Auszug enthält die wichtigsten  zeitlich unbegrenzten Verpflichtungen der Stadt, die sie mit der Übernahme des Grundstücks auf eigenen Textvorschlag hin zu erfüllen haben.

Diese Verpflichtungen gegenüber der Familie Fecht lauten:

  • Pflege des Grundstücks durch die Stadt
  • Recht der Familienmitglieder auf Beisetzung
  • unentgeltliches Ruherecht der beigesetzten Familienmitglieder.

Diese Vereinbarung trat im Jahr 1977 mit der Übergabe des Grundstücks an die Stadt Kehl in Kraft und ist auch heute noch gültig - wegen ihrer ausdrücklich vereinbarten zeitlichen Unbegrenztheit.

Seit Inkraftsetzung der Vereinbarung bis zum Jahr 2014 sind mein Vater und meine Mutter im „Fecht-Gärtel“ zu den vorgenannten Bedingungen beigesetzt worden, zuletzt im Jahr 2014 meine Mutter, die letzte überlebende Vereinbarungsunterzeichnerin.

Noch im Jahr 2014 nahmen wir Kontakt mit der Gemeinde Kork bzw. der Stadt Kehl auf, nachdem uns angedeutet wurde, dass es ab sofort kein Recht mehr gibt, dass sich weitere Familienmitglieder im Fecht-Gärtel beisetzen lassen können, und sowohl die Gemeinde Kork als auch die Stadt Kehl solchen Beisetzungen zukünftig auch nicht zustimmen wird.

Wir teilten deshalb beiden Organen mit, dass wir als gesetzliche Erben auch die Rechtsnachfolger der Vereinbarungspartnerin Marianne Meyer, geb. Fecht sind und baten um Anerkenntnis.

Die Stadt Kehl verweigerte daraufhin jegliche Anerkenntnis.
Die weiteren Vorschläge der Stadt Kehl waren immer damit verbunden,  dass man uns verpflichten wollte, die Vereinbarung von 1977 als beendet zu akzeptieren.
Im Klartext, die Stadt Kehl wollte sich aus ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen.

Enden wir zunächst mit den zwangsweise daraus folgenden:

Aktivitäten der Nachfahren der Familie Fecht:
Nach einer vergeudeten Verhandlungszeit von über zwei Jahren mit der Stadt Kehl haben wir, die drei Kinder der Marianne Meyer, geb. Fecht und somit direkte Nachfahren der Familie des Gottlieb Bernhard Fecht, am 06.07.2016 eine Klage auf Feststellung der Rechtsnachfolgeschaft beim Verwaltungsgericht Freiburg eingereicht.

Es ist für uns völlig unverständlich und auch nicht hinnehmbar, wie die Stadt Kehl als Rechtsnachfolger der Gemeinde Kork mit den Nachfahren der in Kork hoch angesehenen Familie des Gottlieb Bernhard Fecht umspringt.

Die Klage ist vom Verwaltungsgericht mit unanfechtbarem Beschluss angenommen worden.

Über das Ergebnis und eventuelle weitere Schritte werde ich Euch hier an dieser Stelle berichten.

 

 

Die Rechtsverhältnisse ab 2017

1. Klage gegen die Stadt Kehl beim Verwaltungsgericht Freiburg- erfolgreich!!!

Die im Jahr 2016 eingereichte Klage ist im Dezember 2017 durch Urteil (7 K 2249/16) vom Verwaltungsgericht Freiburg voll umfänglich zu unseren Gunsten entschieden worden.
Mit diesem Urteil ist festgestellt worden, dass wir als Nachfahren der Familie Gottlieb Bernhard Fecht berechtigt sind, die im Vertrag von 1977 zugesicherten Rechte in Anspruch zu nehmen.
Die Stadt Kehl wurde zur Übernahme der Kosten des Verfahrens verurteilt. Eine Berufung ist nicht zugelassen. Trotzdem hat die Stadt Kehl Antrag auf Zulassung der Berufung in die nächste Instanz eingereicht und der VGH Mannheim hat dem zugestimmt.
Das - in erster Instanz ergangene - Urteil ist so eindeutig, dass jeder Jurist sich fragt, warum es die Rechtsabteilung - geleitet von einem Volljuristen - der Stadt Kehl überhaupt zu einer Klage hat kommen lassen, deren Kosten wahrscheinlich die Steuerzahler zu tragen haben werden.

Genau das ist dann auch erfolgt. Denn auch in der zweiten Instanz beim VGH Baden-Württemberg in Mannheim wurde am 19.10.
2021 zu unseren Gunsten entschieden. Das Urteil 1 S 2579/21/21 ist am 11.12.2021 zu unseren Gunsten rechtskräftig geworden.
Die Kosten hierfür - mehrere Tausend Euro - sind der Stadt Kehl auferlegt worden, also dem dortigen Steuerzahler!

Wie schon an dieser Stelle berichtet hat die Stadt Kehl den - für sie unvorteilhaften - Ausgang unserer Klage bereits von Anfang an befürchtet.
Sie hat deshalb während es laufenden Verfahrens eine Änderung der Friedhofssatzung ausgearbeitet, dem Gemeinderat zum Beschluss vorgelegt und sich mit der Begründung auf das laufende juristische Verfahren diese Änderung - die als Schwerpunkt das „Fecht-Gärtel“ beinhaltet - vom Gemeinderat absegnen lassen.
Hierbei hat die Rechtsabteilung der Stadt Kehl anscheinend „übersehen“ - und den Gemeinderat wohl auch nicht darüber aufgeklärt - dass das „Fecht-Gärtel“ durch den Vertrag mit der Stadt Kehl von 1977 mit ganz besonderen Rechten ausgestattet ist.

2. Normenkontrollklage gegen die Stadt Kehl beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg.

Gegen diese Änderung der Friedhofssatzung im Jahr 2016 und um die Ungültigkeit/Unwirksamkeit dieser Änderung der Friedhofssatzung fristgerecht festzustellen haben wir am 14.11.2017 einen Normenkontrollantrag beim Verwaltungsgerichtshof Baden Württemberg eingereicht.
Die Stadt Kehl hat dann im Jahr 2021, während des laufenden Normenkontrollverfahrens, einen Neuerlass der Friedhofssatzung dem Gemeinderat vorgelegt und nach Abstimmung in Kraft gesetzt.
Wir haben daraufhin das laufende Verfahren auch auf diesen Neuerlass anzuwenden, weil dieser Neuerlass weitere Einschränkungen unserer - mittlerweile durch VGH Urteil bestätigten - Rechte beinhaltet. 
Eine Verhandlung hierzu ist noch nicht angesetzt.

Über das Ergebnis werden wir Euch berichten.                                                              Stand 31.01.2022

Hier nun das rechtskräftige Ergebnis, VGH Baden-Württemberg, Beschluss 1 S 2747/21:
Auszug:
Der 1. Senat des VGHs Baden-Würtemberg am 29.03.2022 u. a. beschlossen:
§ 31 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 der Friedhofssatzung der Stadt Kehl vom 10.11.2021 ist unwirksam.

Mit dem § 31 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 der Friedhofssatzung wollte die Stadt Kehl das Recht der Nachfahren der Familie Fecht auf unbefristete und unentgeltliche Ruhezeit im Familiengrab Fecht-Gärtel außer Kraft setzen.

Dieses Vorhaben der Stadt Kehl wurde durch den obigen Beschluss vom VGH rechtskräftig verhindert
Stand 09.06.2022.

 

© Bernd Meyer-Brockel